Trailhunter in den Medien: Südamerika-Artikel in der "fahrstil"

Quer durch Südamerika - der komplette Roadtrip

Zwei Monate voll gepackt mit Erlebnissen, intensiven Momenten, Höhen und Tiefen, Biken, Auto fahren und kuriosen Dingen. Der Südamerika-Roadtrip war wahrlich ein einmaliges Erlebnis. An diesem Erlebnis lässt das Radkulturmagazin fahrstil seine Leser nun Teil haben. fahrstil hat einen mehrseitigen Bericht über unseren Roadtrip abgedruckt. Wir sind etwas stolz und freuen uns, so noch mehr Leser an unseren Erlebnissen teilhaben lassen zu können.
Es war nicht einfach, zwei Monate in zwei DIN A4 Seiten Text hinein zu stauchen. Da ist sozusagen einiges auf der Strecke geblieben. Aber Bilder sagen sowieso mehr, als 1000 Worte!


Listo el viaje!

Listo el viaje!

Es ist bereits drei Monate her, dass wir nach Deutschland zurück gekommen sind. Der Livebericht – ein Novum in der Geschichte der Trailhunter Website – ist beendet. Nun ist es an der Zeit, einen Schlussstrich unter dieses Unterfangen zu ziehen.

Hit the road - ab nach Westen
Listo el viaje!

„Ich habe fertig!“

…ist das am besten passende Zitat zum aktuellen Projektstand in deutscher Sprache. Von Giovanni Trapattoni, einem Italiener, und gute 20 Jahre alt. Und rund genauso viele Tausend Kilometer haben wir mit unserem Ford Transit von der Feuerwehr zurückgelegt. Von Montevideo in Uruguay über Argentinien, Chile, Bolivien bis nach Arequipa in Peru. Der halbe Reisepass ist voll mit südamerikanischen Stempeln aus den neun Wochen, das Roadbook hat Eselsohren und der Bus mehrere Dellen und Kratzer. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Verschleiß bleibt nicht aus und das ist auch gut so.

Listo el viaje!
Listo el viaje!
Listo el viaje!
Listo el viaje!
Listo el viaje!

Wie erging es uns bei dem Trip? Nach den Startschwierigkeiten in Montevideo und der gefühlt ewigen Krankheit haben wir uns rasch an das Leben im Bus gewöhnt – auch wenn wir nicht gerade mit Luxus verwöhnt wurden. Zwei Monate zu zweit in einem Auto – kann das gut gehen? Ja, es kann! Erstaunlicherweise kam es kaum zu Meinungsverschiedenheiten und wir konnten die ein oder andere Extremsituation als gutes Team problemlos überstehen.

Wir saßen viel im Auto, das lässt sich schon von den Gesamtkilometern ableiten. Das war von Zeit zu Zeit nervig, aber dennoch die beste Möglichkeit, die Weite und gefühlte Unendlichkeit der faszinierenden Landschaft rund um die Anden zu erfahren. Es gab einige Rückschläge bei den Biketouren, doch diese konnten dafür meistens mit irrsinniger Landschaft Pluspunkte sammeln. Wir sind eben einfach verwöhnt von unseren gut erschlossenen Alpen. Die Entschädigung für gelungene Touren war dafür umso besser, wie zum Beispiel bei unserem ersten 6000er.

Interessant war auch das Erlebnis, mit wie wenig Dingen man auskommt – schon allein, weil im Bus kein Stauraum mehr frei war. Aber auch, weil man Vieles einfach nicht braucht. Darunter fällt zum Beispiel auch eine Uhr. Noch nie haben wir so das Zeitgefühl verloren, wie in Südamerika. Man steht eben auf, wenn es hell wird und geht schlafen, wenn man abends angekommen ist und müde wird. Welcher Tag gerade ist, spielt keine Rolle. Die kleinen Läden in den Ortschaften haben sowieso immer geöffnet. Und die Berge stehen auch jeden Tag da. Als wir in der Großstadt Oruro ankamen, haben wir eine Frau auf der Straße nach einem großen Supermarkt gefragt. Ihre Antwort: „Die Straße runter und dann links, aber der hat heute zu, heute ist doch Ostern“. Ach ja, Ostern – das kam uns bis dahin nicht ein einziges Mal in den Sinn. Und erst dann kam uns beiden in den Sinn, dass Flo zwei Tage zuvor Geburtstag hatte. Man kann also sagen, wir haben zeitlich völlig abgeschaltet.

Listo el viaje!
Listo el viaje!
Listo el viaje!
Listo el viaje!
Listo el viaje!

Wir möchten an dieser Stelle weniger Bericht erstatten, das kann alles nachgelesen werden. Womöglich schaffen es die Bilder, unsere Eindrücke weiterzugeben. Selbst wenige Wochen nach dem Projekt entgleiten uns bereits die Erlebnisse, die wir durchgemacht haben. Und werden durch das Durchscrollen der Berichte und Fotos wieder in Erinnerung gerufen.

Listo el viaje!
Listo el viaje!
Listo el viaje!
Listo el viaje!

Eisig, steil, windig, …

Schweißgebadet stiefelten wir auf erloschenen Vulkanen über Jahrtausende alte Lavazungen, um Tage später einem Vulkanausbruch wenige Kilometer entfernt in eisiger Höhe beizuwohnen.

Listo el viaje!
Listo el viaje!
Listo el viaje!
Listo el viaje!

Wir sind mit den Bikes den Pazifikstrand entlang, durch Wüsten und tropische Wälder gefahren, haben die Bikes durch verblocktes Gelände getragen und sind über kritische Schneehänge abgefahern. Mit diversen Verkehrsmitteln und mehreren Versuchen haben wir uns einen Weg von 0m bis 6075m üNN gebahnt.

Listo el viaje!
Listo el viaje!
Listo el viaje!

Verkehrt, karg, zugemüllt, …

In den entlegensten Ecken, in denen das Überleben nahezu unmöglich scheint, kämpfen sich Wüstenblumen aus den Dünen – gleich neben ausgebrannten und sandgestrahlten Coca-Cola Dosen. Schockierend auch, wieviel Müll und Unrat Menschen in der Lage sind, zu hinterlassen – sogar dann, wenn sie immer wieder den selben Ort aufsuchen. Wir hatten keinen Tag am Strand, an dem wir nicht durch oder um Müll herumlaufen mussten.

Listo el viaje!
Listo el viaje!
Listo el viaje!
Listo el viaje!

Vollbeladen, festgefahren, zugestaubt, …

Der Ford Transit hat uns treue Dienste erwiesen, in dem wir uns auf waschbrettartigen Wegen durchschütteln lassen haben, über Salzseen und Pässe bis auf 5100 Meter hoch gebrettert sind. Einige 4WD Verfechter waren brüskiert – denn mit Zweiradantrieb, etwas Bodenfreiheit und Geschick kommt man auch recht weit. Der Eiskratzer kam zum Einsatz: Um die Windschutzscheibe von Salz zu befreien. Hier und da mussten wir Hand anlegen und die ein oder andere Reparatur angehen, um weiter zu kommen. Und genau das macht ein gutes Abenteuer aus: Je mehr man plant, desto mehr wird schiefgehen. Um weniger umplanen zu müssen, haben wir nicht zu viel geplant. Dieser Plan ist planmäßig aufgegangen.

Listo el viaje!
Von Geysiren, Vulkanen und Salzseen
Ein Tag im Sand
Auf dem Weg im Chaos

Dieser Roadtrip ist vorbei, der Bus ist aber noch unser. Er ist sicher geparkt und wartet. Der peruanische Zoll hat den Antrag bewilligt, den Bus länger als drei Monate im Land lassen zu dürfen. Alles eine Frage des Aufwandes, vor dem man nicht zurückschrecken darf. Doch auch hier: Ohne alte Freunde und Bekannte aus vorherigen Reisen, wäre das alles nicht so glatt gelaufen. Der Dank geht an Erika, Moises und César aus Muruhuay, die ich bei meiner ersten Reise nach Peru kennengelernt habe und die uns beim Bürokratiemarathon unter die Arme gegriffen haben. Südamerika ist groß, sehr groß und genauso schön. Ich kann von meiner Seite sagen, dass das für mich bisher der schönste Fleck Erde ist, an dem ich gewesen bin.

Listo el viaje!
Listo el viaje!

Keiner weiß genau wie, aber irgendwie müssen wir nochmal rüber. Es gibt noch viel zu entdecken. Und es ist gut, dass diesmal unser mobiles Zuhause schon vor Ort ist.

Listo el viaje!

Gracias y hasta pronto!


Wüste, Meer und Reis

Wüste, Meer und Reis

Was muss, das muss

„Bitte alles ausräumen und die Rahmennummern der Bikes brauche ich“ – der Zoll nimmt es bei unserer letzten Einreise nach Chile sehr genau. Alles wird durchsucht, die Bikes bekommen einen eigenen Einfuhrzettel vom Zoll. Solch eine Prozedur haben wir auf den zig Grenzübertritten in den letzten sieben Wochen noch nicht erlebt. Was man den Damen und Herren vom Zoll aber lassen muss: Sie bleiben sehr freundlich, obwohl wir leicht genervt von dem ganzen Prozedere sind.
Auf der bolivianischen Seite des Chungara–Tambo Quemado Passes mit 4680 Metern lief der Grenzübergang weniger freundlich ab: Ein Grenzpolizist durchsuchte unser Auto und wurde richtig lästig, weil wir keinen Feuerlöscher an Bord hatten. Er wollte Geld – wäre auch zu schön gewesen, wenn wir durch Bolivien gekommen wären, ohne dass die Polizei Geld von uns möchte. Wir bleiben aber hart und haben den Feuerlöscher einfach nicht. Als Lev bereitwillig mit ins Office gehen will, lässt uns der Polizist schließlich ziehen. War wohl nix mit dem Taschengeld.

Wüste, Meer und Reis

Endlich on the Road führt die Straße vom Hochplateau an Vulkanen und Seen vorbei so langsam dem Meer entgegen. Als wir knapp 1000 Höhenmeter vom Pass hinab vernichtet haben, wird die Landschaft deutlich grüner. Ein Hochtal öffnet sich, darin liegen einige Weinberghänge und ein malerisches Dorf mitten drin. Der perfekte Platz für’s Mittagessen – um vier Uhr nachmittags. Frisch gestärkt rollen wir weiter. Die Straße schlängelt sich allmählich in eine riesige Schlucht. Die Vegetation wird mit jedem Meter weniger; wir tauchen immer tiefer in die Schlucht ein. Die goldene Abendsonne erleuchtet die Wände dieser faszinierenden Landschaft. Das einzige, was hier noch wächst, sind ein paar merkwürdige Kakteen, die eine Krone wie ein normaler Baum haben. Das Tal wird zunehmend sandiger – eine Kurve noch und wir stehen vor den perfekten Kranked-Hängen! Leider fehlt uns die Zeit, diese unter die Stollen zu nehmen und so fahren wir schweren Herzens die letzten Kilometer zum Meer hinaus.

Wüste, Meer und Reis

Der nächste Tag ist ein Orgatag: Wäsche waschen lassen, mal wieder richtig einkaufen, endlich die Salzkruste mit dem Hochdruckreiniger vom Auto waschen. Außerdem stehen wichtige Reparaturarbeiten an: Der Adapter unseres Spannungswandlers hat den Geist aufgegeben – in Chile Ersatz zu finden, ist aber unmöglich. Es bleibt nur die Bastelvariante. Wir kaufen im Baumarkt eine Aufputzsteckdose und schrauben diese gekonnt auf den Spannungswandler drauf. Funktioniert und sieht fast schön aus.
Außerdem hat scheinbar das Salz eine Spule der Lüftungsregelung gekillt. Die Spule wickeln wir kurzerhand von Hand neu – mit einem Stück Draht, das wir auf der Straße gefunden haben. German Engineering in Perfektion und natürlich mit Funktion! Zum Glück ist der TÜV nicht da.

Abends gibt’s das wohl verdiente Feierabendbier am Meer. Es rollt eine nette Brandung herein und in dieser Brandung spielen (von uns) sogenannte Brandungsvögel. Diese fliegen in kleinen Gruppen von drei bis etwa zehn Tieren in einer Schlange hintereinander her. Sie stürzen sich vor die brechenden Wellen und “surfen“ fliegenderweise eine ganze Welle ab. Nach etwa 200 Metern fliegen sie auf etwa 10 Meter hoch, holen Schwung und stürzen sich in die nächste Welle. Das sieht so richtig nach Spaß aus!

Wüste, Meer und Reis

Wieso ist hier eigentlich Reis?

Der nächste Tag – das nächste Land: Wir erreichen die Grenze von Chile nach Peru. Alles sehr modern gebaut, aber denkbar unübersichtlich und mit viel Rennerei verbunden. Von einem Gebäude ins Andere, wieder zurück, wieder in ein anderes Gebäude, um Stempel, Formulare und Genehmigungen zusammen zu bekommen. Das Formular für unser Auto gibt’s nur an der Kasse im Restaurant – also dort noch hin und wieder zurück. Und warum eigentlich im Restaurant?!?

Eine wunderschöne Küstenstraße führt uns ganz langsam zum nächsten Ziel: die Großstadt Arequipa. Steilküstenabschnitte wechseln mit weitläufigen Sandstränden – direkt hinter der Küste ist Wüste. Hier wächst einfach nix, Regen gibt es wohl nur alle paar Jahre mal. Aber hinter der nächsten Kuppe ist plötzlich alles grün. Es dauert einen Moment bis wir das realisieren, doch dann drängt sich eine Frage mehr als alles andere auf: Wieso ist hier eigentlich Reis?
Mitten in der Wüste sieht man hier kilometerweit nur Reisplantagen. Allmählich wird uns klar, wie das funktioniert: Wir sind in einem großen Flussdelta, der Fluss wurde einfach aufgestaut und umgeleitet. Ein paar Meter weiter finden wir dann auch Bananen, Mais, Äpfel und vieles mehr. Eine üppig grüne Oase mitten in der Wüste! Schnell zeigt sich aber auch die Kehrseite: an allen Ecken und Enden sehen wir Leute Gift spritzen. Da es hier praktisch nie regnet, bleibt dieses Gift auf dem Obst und Gemüse drauf und landet wohl fast 1 zu 1 auf unseren Tellern. Lecker! Da weiß man wieder, warum man Bio kauft!

Wüste, Meer und Reis

Schön ist diese grüne Oase aber trotz allem. Deshalb suchen wir uns einen Standplatz an der Küste. Es wimmelt von Möven – diese machen einen Wettlauf mit den Wellen: Direkt nach dem Rückzug einer Welle rennen sie hinterher, um Futter zu suchen. Kommt die nächste Welle, so sprintet die ganze Schar wieder zurück.
Zum Sonnenuntergang gibt’s noch nen Kaffee und dann nimmt das Unheil seinen Lauf: Plötzlich fallen Horden von Steckmücken über uns her. Im Sekundentakt kann man die Viecher an Armen, Beinen und sonst überall abklatschen – teils sogar zwei bis drei mit einem Schlag. Es gibt keine ruhige Sekunde mehr; da hilft nur die Flucht. Raus aus der grünen Oase, ab in die Wüste. Während Lev fährt, gehe ich auf Mückenjagd im Auto und erwische noch 26 Mücken, ehe Ruhe einkehrt.

Wüste, Meer und Reis

Kein Geländewagen

Arequipa – die weiße Stadt … Vor ihren Toren scheinen auch hier die Berge genug Wasser abzugeben. Immer wieder gibt es grüne Flecken mitten in der Wüste. Felder, Plantagen, aufgegebene Anlagen. Und dann die Stadt mit reichlich Verkehrschaos. Zwischen den Häuserzeilen blitzt immer wieder unser Ziel hervor: Der Vulkan Chachani, welcher mit seinen 6075 Metern die Stadt um fast 4000 Meter überragt. Wir gehen schnell einkaufen und dann ab zum Berg!

Wüste, Meer und Reis

Die Straße zum Berg verdient eigentlich kaum den Namen Straße. Sie ist zwar zunächst geteert, aber der Teer ist so grob, dass er eher einem Kopfsteinpflaster gleicht. Und überhaupt sind hier fast mehr Löcher drin, als dass es ganze Stellen gibt. Die üppige Steppenvegetation macht hier mächtig Landgewinn. Wenn wir nicht gerade Sträuchern ausweichen müssen, die hier mitten auf der Straße wachsen, so müssen wir den unzähligen Müllkippen ausweichen. Hier liegt echt alles: Kühlschränke, Haushaltsmüll, Fernseher, tote Hunde. Irgendwann hört der Teer auf und wir befinden uns auf einem groben Feldweg, der sich gemächlich die Vulkanhänge hoch schlängelt. Immer wieder ist der Weg abgerutscht – unsere Zweifel, ob wir hier überhaupt bis zur finalen Vulkanzufahrt kommen, steigen ins Unendliche.
Doch unser Hardcoregeländetransit meistert gepaart mit unserem Fahrkönnen jede noch so krasse Stelle. Der Unterboden meldet sich allerdings schon ab und an zu Wort. Plötzlich eine Kreuzung und der Straßenzustand ändert sich zur guten Dirtroad – komisch. In einer unserer Karten entdecken wir schließlich, dass es noch eine andere Zufahrt gibt; diese macht aber einen 80 Kilometer Umweg um den gesamten Berg herum. Egal, jetzt sind wir hier und stehen auch schon an der Kreuzung zur finalen Bergzufahrt bis auf 5000 Meter. Diese besteht einfach nur aus zwei tief eingegrabenen Reifenspuren der Jeeps, die hier wohl ab und an Bergsteiger hoch bringen. Das wird spannend mit unserem Transit. Zunächst klappt alles wunderbar, doch dann taucht die erste Rampe auf. Jetzt heißt es Vollgas im Ersten, damit das Drehmoment erhalten bleibt. Sonst bleiben wir einfach im Hang stehen, weil die Motorleistung nicht mehr reicht. Die halsbrecherische Aktion klappt, wir sind auf dem nächsten Plateau – der nächste Steilhang schon in Sicht. Gleiches Spiel, weniger Glück: Etwa 20 Meter vor der Ausfahrt des Steilhanges werden wir zu langsam, die Motorleistung ist weg. Verdammt! Rückwärts zurück auf ’s Plateau, ein paar Steine aus dem Weg räumen, neuer Versuch. Es sieht besser aus, doch der Weg ist einfach zu steil. Wir kommen ganze zwei Meter weiter, als beim ersten Versuch. Was nun?
Von hier aus die Tour starten ist nicht machbar, es sind noch über 16 Kilometer und 600 Höhenmeter bis zum eigentlichen Startpunkt. Bestenfalls ginge das als Zweitagestour, aber dafür haben wir nicht eingekauft und außerdem haben wir nur einen Tag, denn tags darauf müssen wir unsere Teamverstärkung vom Flugplatz abholen.

Also Planänderung, wir fahren die gute Straße runter, organisieren uns einen Fahrer mit Geländewagen, holen Liza vom Flugplatz ab und fahren zunächst zum Colcacanyon, eher der Chachani schließlich mein Abschlussprojekt werden wird.

Wüste, Meer und Reis

Ein kalter, langer Tag

Ein kalter, langer Tag

Durch drei Länder nach Bolivien

Mit der Sonne stehen wir auf. Bevor der Kaffee fertig ist, grüßt uns ein vorbeifahrender Zug. Die moderne Lok erklärt, wieso die alten Schneeräum Loks ausrangiert worden sind. Wir vertrödeln nicht allzu viel Zeit und machen uns auf in Richtung San Pedro de Atacama: Eine Wüstenstadt, die als Hauptdrehkreuz für Touristen in der Atacama Wüste dient. Von hier aus reist ein großer Teil der Touristen auch nach Bolivien. Für uns ist der Lebensmittelladen und die einzige Tankstelle im Ort relevant. Nach dem Grenzübertritt nach Bolivien werden wir bis Uyuni mal wieder auf uns gestellt sein. Doch bevor es zu dem von der Rally Dakar geprägten Ort am Salzsee geht, haben wir noch einen Mustervulkan vor uns: Volcano Licancabur. 5916m, gelegen oberhalb mehrerer Lagunen kurz hinter der Bolivianisch-Chilenischen Grenze. Das wäre soweit unser höchstes Projekt.

Ein kalter, langer Tag

Wir verbringen den gesamten Tag im Auto. Nur an der Grenze von Argentinien nach Chile werden wir von mehreren Reisebussen ausgebremst, deren Passagiere leider vor uns an der Immigration Control stehen. Der Pass ist, wie viele der anderen auch, als „windig“ zu klassifizieren. Hier sind nicht nur Steine, sondern ganze Felsen von Sand und Wind entsprechen gestrahlt – wie zum Beispiel eine riesige Felssäule, unter der wir kurz Rast machen. Eins der unzähligen Touristenziele abgehakt nähern wir uns San Pedro. Während der Talfahrt zeigt er sich: Mit mächtig Abstand zu den Nachbargipfeln ragt der Licancabur nördlich der Passstraße über uns heraus. Der Mustervulkan – unsere Motivation steigt, denn er ist nahezu schneefrei. Ein paar Fragezeichen gibt es aber noch: Schafft es unsere Transe bis zum Tourstart auf 4600m Höhe? Schaffen wir den Aufstieg von 1300 Höhenmetern bis auf 5900m an einem Tag? Wir werden sehen. Wir nächtigen unterwegs kurz oberhalb vor San Pedro, um dem Rummel weitestgehend zu entgehen.

Ein kalter, langer Tag
Ein kalter, langer Tag

San Pedro – und schnell weiter!

Am nächsten Morgen rollen wir in den Ort und decken uns ein. Erledigen soweit alles, was hier möglich ist und verlassen die von Gringos überlaufene Stadt auf dem Weg zum Hito Cajon Pass nach Bolivien. Mittags erreichen wir die Grenze. Nichts los in dem modernen Hangar-ähnlichem Bau. Die Heizung ist an. Die Lebensmittelkontrolleure spielen Tischtennis. Wir lassen uns aus Chile ausstempeln und fahren zur Bolivianischen Grenze. Nur die ausgeblichene rotweiße Schranke weist auf etwas Offizielles hin, anderenfalls hätten wir die Immigration Kontrolle in dem Lehmbau mit Strohdach rechts liegen lassen. Die Beamten erbarmen sich, unsere Chilenischen Pesos in Bolivianische zu wechseln – zu einem verhandelbaren Kurs. Kurioserweise werden wir noch nach ein, zwei Tomaten gefragt, müssen aber leider passen. Nachdem wir den Zoll und den Eintritt in den Nationalpark erledigt haben, machen wir uns darauf, das erste Fragezeichen der Licancabur-Tour zu klären: Schafft es die Transe auf die 4600m? Der Weg ist direkt ab der Parkeinfahrt eine Herausforderung. Hunderte der Jeeps, welche Touristen ab San Pedro nach Uyuni fahren, haben Spurrillen in den Sand gefahren, in denen wir gnadenlos stecken bleiben würden: Ein Fahrfehler, und alle vier Räder hängen in der Luft, während unser Bus auf dem Mittelstreifen aufliegt. Einige Kilometer gehen gut und wir kommen ins felsige: Techflow mit dem Transporter. Die Seen liegen auf 4300m, fehlen als nur noch 300 Höhenmeter. Mit etwas Arbeit und Zehenspitzengefühl für die Kupplung schaffen wir es tatsächlich!

Auto aufbocken, Rucksäcke vorpacken, Bikes zusammenstecken und Essen fassen. Dämmerung. Nördlich gewittert es, unser Gipfel verschwindet ebenfalls in den Wolken. Wind zieht auf. Es fängt an zu schneien. Verdammt! Mal wieder ist die Wetterprognose falsch. Nunja, morgen früh sind wir weiser – vielleicht auch weißer.

Ein kalter, langer Tag

Wir greifen an!

Der Wecker klingelt viel zu früh; es ist a….kalt. Man fühlt es nicht nur, man sieht es: Die Scheiben sind gefroren – von innen! Blick nach draußen: weiß, aber gnädig. Es spricht wenig gegen den Tourstart. Nach dem Frühstück dauert es etwas, bis das Fahrradschloss wieder gängig ist und dann geht’s los. Der Aufsteig im Dunkeln beginnt mit einem metallischen ‚klong’ Geräusch: Die festgefrorenen Bremsbeläge lösen sich von den Scheiben und wir schieben los. 1300 Höhenmeter bis auf 5900m liegen vor uns. Einen großen Teil des Trails konnten wir am Vorabend einsehen, das motiviert. Im Kegel der kleinen schwachen Stirnlampe gibt es nicht viel zu sehen, es reicht für einen sicheren Tritt. Erst zum Sonnenaufgang zeigt sich die surreale, nahezu schwarz-weiße Landschaft. Der Weg ist klar definiert und wir stiefeln Meter um Meter dem Grat entgegen. Der Untergrund wird bröseliger und weicher, doch es sollte noch alles fahrbar sein. Nach dem Grat wird’s felsiger – ob man hier noch viel fährt?

Ein kalter, langer Tag
Ein kalter, langer Tag
Ein kalter, langer Tag
Ein kalter, langer Tag

Es sind noch gute 300 Höhenmeter bis zum Gipfel. Eine S3 Stelle reiht sich an die nächste S4 Stelle, hin und wieder S5 – das wird Arbeit werden! Die Zeit sitzt uns etwas im Nacken, wir sind langsamer, als wir gedacht haben. Gut, wir sind hier auf fast 6000m Höhe, der Sauerstoffgehalt der Luft hat sich bereits mehr als halbiert. Es folgt etwas Kletterei und der Weg verläuft sich. Irgendwo müssen wir einen Abzweig verpasst haben – nix sieht mehr fahrbar aus. Wir entscheiden uns, die letzten 50 Höhenmeter zum Gipfel ohne die Bikes zu machen. Wir sind zu platt, die Abfahrt steht noch bevor und die Zeit drängt.

Ein kalter, langer Tag
Ein kalter, langer Tag

Also rauf und siehe da: Ein riesiger Krater mit einem See darin. Es scheint wohl noch etwas Geothermie zu geben, sonst müsste der See gefroren sein. Hinter dem Krater liegt San Pedro in Chile und hinter uns die Lagunen und die bolivianische Wüste. Rundumblick: Wie aus dem Flugzeug! Wir machen ein kurzes Vesper und genießen die Aussicht. Dabei stellen wir fest, dass wir uns bis zum Gipfel komplett „hochgeriegelt“ haben: Wir sind wohl so geplättet, dass der Körper nicht mal ein Hungergefühl entwickeln kann. Mehr als vier Müsliriegel hat keiner von uns verspeist. Der Wind zieht an und schiebt die ersten Wolken über den Gipfel. Passt aber, die Uhr sagt uns sowieso: Abfahrt!

Ein kalter, langer Tag
Ein kalter, langer Tag
Ein kalter, langer Tag

…von wegen. Wir stechen in den Trail rein, doch müssen immer wieder absteigen. Entweder ist es zu verblockt, sodass das Bike nicht durchpasst oder zu riskant, auf der Höhe sich an S4 bis S5 Passagen auszutoben. Die größten Schwierigkeiten bereitet uns aber die dünne Luft: Kaum macht man einige schnelle Bewegungen, schon ist man aus der Puste. Und so werden einige Meter getragen, einige gefahren, doch ein flow-Gefühl kommt noch nicht auf. Es bessert sich, als wir auf den Grat kommen, doch nun verabschiedet sich der Grip: Zu weich der Untergrund, wir müssen in dem rutschenden Belag mitschwimmen. Während wir unserem Bus ins Tal entgegen schwimmen, sind wir teils mehr Passagier als Fahrer. Der Trail flacht gegen Ende ab und es lässt sich kontrollierter fahren. Der Weg fährt noch ein paar schöne Bastelstellen auf, aber der Tag ist lang gewesen und wir sind heilfroh, als wir unten ankommen. Die Kondition und die Kraft haben Feierabend gemacht. Es dämmert bereits, mit letzten Reserven – woher auch immer wir die noch nehmen – kommen wir am Bus an. Die Aktion hat Körner gekostet.

Ein kalter, langer Tag
Ein kalter, langer Tag

Geschafft – vor allem wir selber

Das Lager schlagen wir heute nur 300m tiefer auf am Ufer der Laguna Verde auf – vielleicht wird es weniger kalt. Die nächsten Tage geht’s dann durch die bolivianische Wüste in Richtung Uyuni.

Ein kalter, langer Tag

Wie auf Schienen

Auf dem Weg zum Paso Socompa

Vor uns liegt eine lange Etappe: Wir möchten nach Tolar Grande. Ein nahezu verlassenes Dorf in Argentinien. Umgeben von Bergen, Salzseen und Kranked Areas (Staubhänge, die durch das erste richtige Bikevideo „Kranked 1“ 1998 berühmt wurden)! Eines zeichnet dieses Dorf allerdings aus: Dort liegt die erste Bahnstation auf der Argentinischen Seite nach dem Socompa Pass. Die Bahnlinie ist noch in Betrieb und der Zug fährt ab Antofagasta über den Pass. Verschiedene Quellen liefern die Information, dass sogar noch Personenzüge fahren sollen. Die Strecke über den Pass ist sicherlich spektakulär. Sie verläuft glücklicherweise fast parallel zur Straße, und so können wir selbstfahrend in den nahezu gleichen Genuss kommen. In Antofagasta startet auch unsere Fahrt, nachdem wir uns für die kommenden vier Tage komplett eindecken: Zwischen Antofagasta, auf dem Weg über Tolar Grande, bis zum nächsten Ort in Argentinien, gibt es keine belebten Ortschaften. Geschweige denn Tankstellen. Das sind über 600 Kilometer und mehrere tausend Höhenmeter!

Die Sonne und den Pazifik im Rücken schlagen wir unseren Weg nach Osten ein. Auf der gut asphaltierten Straße kommen uns ausschließlich Bergwerk-Pick-Ups und Arbeiterbusse entgegen. Auf der Bahnlinie sehen wir zwei lange Güterzüge den Berg hochkriechen. Hier und da gibt es verlassene Bahnhöfe. Die Züge scheinen wohl ebenfalls im Dienste der Bergwerke unterwegs zu sein. Für uns endet die Asphaltstraße an einem großen Tor: Hier geht’s rein in ein wohl recht großes Bergwerk. Wir finden raus, dass hier Kupfer abgebaut wird. Und in was für einem Stil! Hier wird das Sprichwort „Berge versetzen“ wörtlich genommen! Halden mit abgetragenem Abfallgestein türmen sich hunderte Meter hoch. Förderbänder verlaufen über zig Kilometer durch die Landschaft. Das Gelände ist abgeriegelt, aber aus der Ferne sieht man, dass hier fast eine komplette Bergwerksstadt existiert. Beinahe im Fünfsekundentakt verlassen LKWs und Autos das Gelände – am laufenden Band. Unglaublich, in was für Dimensionen das Kupfer hier abgebaut wird. Die Sonne geht allmählich unter und verleiht der menschengeschaffenen Landschaft eine ganz eigene Ästhetik. Wir passieren auf der Dirtroad einige Schranken, die den LKW Betriebsverkehr regeln und sehen aus der Ferne die riesigen Bergwerk-LKWs, von denen ein Reifen größer ist, als unser Ford Transit.

Wie auf Schienen
Wie auf Schienen
Wie auf Schienen

Wir halten die Augen nach einem Schlafplatz auf. Doof, dass ringsum nur Bergwerksgelänge ist und man die Straße nicht verlassen kann. Doch siehe da: Eine Einfahrt zu einem verlassenen Bahnhof. Hier schlagen wir unser Lager auf. Wir sind neugierig und schlendern auf dem Gelände herum: Vielleicht gibt es etwas zu entdecken? Oder sogar zu fahren? Wir werden nicht enttäuscht und es wird ein langer Abend, bis es etwas zu essen gibt. Die alten Öltanks laden zum Spielen im Dunkeln ein. Eine abgefahrene Szenerie, die die Milchstraße zusammen mit den verlassenen Gebäuden hervorbringt. Eine abgestellte Schneeräum-Lok heben wir uns für den Sonnenaufgang auf.

Es kommt nur drauf an, was man draus macht

…und so shapen wir im Sonnenaufgang eine Anfahrt auf die Lok. Die Schaufel ist ein nahezu perfekter Corner-Sprung, mit einer etwas miesen Landung in den alten Schienen. Etwas tricky ist die Anfahrt, da in Lenkerhöhe die Schaufel wieder breiter wird. Es braucht einige Versuche, bis der Absprung sitzt. Die Landung optimieren wir auch noch etwas und dann kosten wir diese einmalige Gelegenheit aus. Immer wieder Anlauf nehmen auf über 4000m kostet ordentlich Körner, aber es gibt ja gleich Frühstück.

Wie auf Schienen
Wie auf Schienen
Wie auf Schienen

Wir setzen unsere Fahrt fort und verlassen bald das Bergwerksgelände vollends. Auf dem Weg zum Socompa Pass kreuzen wir immer wieder die Eisenbahnlinie und passieren verlassene Bahnhöfe im Nirgendwo. An einer größeren Anlage machen wir noch kurz Rast und dann sind wir schon am Pass: Hier hört die Straße auf und wir holpern über Schienen und Weichen vor das Polizeigebäude. Einige moderne Loks stehen mit laufenden Motoren herum – sie warten vermutlich auf den Zug aus Argentinien zum Umsatteln.

Wie auf Schienen
Wie auf Schienen

Ein verdutzter Polizeibeamter kommt auf uns zu mit der Frage, was wir denn hier vorhätten. Chile verlassen, nach Argentinien und Tolar Grande fahren, ist unsere Antwort. Zunächst halten wir es für einen Scherz, als es heißt, das ginge nicht. Nach einigen Erklärungen scheint es aber keiner zu sein: Der Socompa Pass kann nur mit dem Zug, zu Fuß oder mit dem Fahrrad überquert werden. Es gibt auch keine Zolleinrichtungen, nur die Migration hat hier ihren Sitz. Auf Nachfrage: Das sei wohl schon seit ca. 20 Jahren so. Nun gut, die Beamten zeigen uns den nächsten Pass, den wir mit dem Auto passieren können: Paso Sico. Zum Glück sind das gerade mal 100 Kilometer oneway, die wir unnötigerweise gespult haben. Die Kollegen raten uns über San Pedro de Atacama zu fahren, aber unsere Sprit- und Essensvorräte sind ausreichend. Wir schlagen die direkte Route ein. Wir fahren an mehreren Litium-Tagebauten vorbei, dir an einem überdimensionalen Salzsee liegen. Auch Salz scheint hier abgebaut zu werden. Es gibt sogar einen Flugplatz auf dem Salzsee, für die Arbeiter. Die Straße führt auf dem kürzesten Weg über den Salzsee: gerade aus zum nächsten Dorf. Der Salzsee ist größtenteils trocken und man sieht, soweit das Auge reicht, Salz-Erde-Mische. Neugierig wie wir sind, fahren wir ran und schauen, ob man darin versinkt oder sich eher aufspießt.

Wie auf Schienen
Wie auf Schienen
Wie auf Schienen

Überraschend hart ist das Ganze: Hier ein Fehltritt, und man hat ein paar ernsthafte Wunden – mit Salz darin. Die Salzkruste ist messerscharf und nach oben aufgeplatzt. Die Schollen sind zwar steinhart miteinander verbunden, aber unter ihnen ist es oft hohl. Die ganze Oberfläche steht so unter Spannung, dass sie immer wieder knirschende Geräusche von sich gibt. Abgefahren und wirklich kurios! Wir beenden die Erkundung, es dämmert und wir haben noch ein paar Kilometer vor uns. Wir setzen unsere Fahrt im leuchtenden Abendrot fort. Leider sind die Sonnenauf- und Untergänge hier nahe des Äquators recht kurz, so ist es bereits dunkel, als wir ankommen.

Wie auf Schienen
Wie auf Schienen

Wir schlagen unser Lager nahe der Grenze auf an einer der vielen Lagunen, die von hunderten Touristen aus San Pedro täglich aufgesucht werden. Es scheinen wohl zu viele geworden zu sein: alle Zufahrten zu den Lagunen sind zugeschüttet und unpassierbar gemacht. Es sind Parkplätze an Aussichtspunkten angelegt worden, der Andrang soll wohl kanalisiert werden. Glücklicherweise sind diese eben – so müssen wir unser mobiles Zuhause nicht unterfüttern. Morgen soll es dann aber wirklich nach Tolar Grande gehen.


Das Leben im Auto

Das Leben im Auto

Haben wir richtig gemacht

11000 Kilometer zeigt der Reise-Tacho unseres Ford Transit inzwischen an. Rund die Hälfte unseres Roadtrips ist verstrichen. Wir haben uns mehrfach verfahren und festgefahren. Doch wie lebt es sich in unserem ausgebauten Feuerwehrauto? Haben wir alles richtig gemacht? War das Auto überhaupt eine gute Wahl? Seit wir Montevideo verlassen haben, hatten wir kein anderes Dach über dem Kopf, als das unseres Transits.

Das Leben im Auto

Wir sind soweit rundum zufrieden! Der Ausbau ist rustikal und auf Funktion ausgerichtet. Die Küchenzeile bietet durch die perfekte Platzierung der 5kg UN 1965 Propan Gasflasche die Möglichkeit, den Herd im Indoor- und Outdoorbereich einzusetzen. Der in die Küchenzeile integrierte Kühlschrank macht unnötig weite Wege überflüssig. Das nebengelegene Schubladensystem mit schönen gelben Kisten der Deutschen Post bietet Platz für Besteck, Teller, Töpfe und Lebensmittel in Hülle und Fülle. Patentierte „Verschlussleisten“ verhindern ein Herausrutschen der stapelbaren Kisten. Auf staubigen Dirtraods lassen sich die Kisten bei Bedarf mit Tüchern aus 100% Baumwolle abdecken. Über der Küchenzeile thront ein Regalsystem, das hinreichend Stauraum für viele weitere Töpfe, Obst, Brot und Müsliriegel bietet – sofern sich letztere auftreiben lassen.

Integriert in die Küchenzeile sind massive Halterungen aus edelstem Fichtenholz für die schnelle und sichere Montage des luxuriösen Doppelbettes aus feinstsäuberlich geleimten OSB Platten. Das Bett hat, in voller Größe ausgeklappt, die sagenhaften Maße von 170cm x 205cm! Über dem Bett befindet sich ein Sternenfenster, das in verschiedene Richtungen aufklappbar ist und so für eine gute windunabhängige Temperaturregelung sorgt. Die üppige Liegefläche wird am Tag und während der Fahrt mit nur wenigen Handgriffen zu einer großen Bank umgebaut. Die edlen Klavierleisten in gold sind zwar aus Messing, verleihen dem gemütlichen Sitzbereich jedoch eine gewisse Eleganz.

Direkt gegenüber der Küchenzeile gelegen, lässt sich im Sitzbereich vielerlei Aufgaben erledigen: Kochen im Sitzen, Artikel für den Blog schreiben (geht auch auf dem Beifahrersitz), Kaffee trinken oder einfach nur chillen. Diese Vielseitigkeit der gemütlichen Bank macht einen Wohnbereich mit Sofas völlig überflüssig – deshalb haben wir auf diesen verzichtet. Sollte etwas Privatsphäre nötig sein: Ein fair durch feinste Handarbeit in Deutschland hergestelltes Vorhangsystem schafft diese.

Unter der Bank befindet sich massig Stauraum – der sozusagen liegende Kleiderschrank. Hier sind Kleidungsstücke aller Art untergebracht: für die Freizeit, für Sport, warm oder kalt – alles findet hier Platz. Des Weiteren gibt es Decken und Schlafsäcke für die Temperaturbereiche von 35° bis -15° C. Doch die Staufläche ist damit noch lange nicht erschöpft! Auch Kanister für die Trinkwasserversorgung sowie Bordwerkzeug finden hier Platz. Selbst die Ersatzteilversorgung läuft über das Lager- und Logistikzentrum unter der Bank.

Das Leben im Auto
Das Leben im Auto
Das Leben im Auto

Das große Regal über dem Cockpit des Autos nimmt diverse Dinge des täglichen Bedarfs auf: Wasch- und Kosmetikutensilien, weitere Bekleidung für beinahe jeden Temperaturbereich, Kameraausrüstung sowie unsere stylischen Sonnenschutzhüte.

Im Heck des Fahrzeuges versteckt sich das Badezimmer. Die Nasszelle mit geräumiger Dusche ist mit Silikon und zwei Schichten Bootslack versiegelt. Es lässt sich bequem im Stehen duschen, wenn man nicht größer als 1,5 Meter ist. An besonders warmen Sommertagen kann man die Dusche mit nur zwei Handgriffen auf eine Außendusche umrüsten. Mit einem weiteren Handgriff wird die Dusche zum Wasserhahn in der perfekten Höhe. Der Weg in den Wohnbereich erfolgt außerhalb des Autos – das birgt den Vorteil, dass bei starker Sonneneinstrahlung schon alles trocken ist, bis man im Wohnbereich ankommt.

Direkt neben der Nasszelle ist die Bikegarage gelegen. Hier lassen sich zwei komplette Mountainbikes problemlos parken. Man muss nur die Räder und Sattelstützen ausbauen. Die Bikes werden an einem praktischen Hängesystem befestigt. So sind sie gegen Umfallen und Verrutschen gesichert. Auch das Werkzeug zur Wartung, Ersatzteile sowie die Schutzausrüstung für die Piloten der Bikes finden noch Platz in der Garage. Sollte einmal ein Bike wirklich dreckig sein, so ist der Weg zur Nasszelle nicht weit – sie liegt gleich nebenan!

Haben wir ihr Interesse geweckt? In rund zwei Monaten könne sie dieses zum Unikat umgebaute Auto in Südamerika käuflich erwerben!

Das Leben im Auto
Das Leben im Auto
Das Leben im Auto

Und der Strom? Kommt der aus der Steckdose? Ja, die Autarkie wird bewahrt. Ein Trafo wandelt 12V Gleichstrom auf 220V Wechselstrom. Damit wandelt dann das Ladegerät des Laptops die umgewandelten 220V Wechselstrom auf 16,5V Gleichstrom und versorgt so unsere digitale Schreibmaschine mit Energie. Effizienz wird in diesem Fahrzeug großgeschrieben. Ebenso die Redundanz der Energieversorgung: Beide Batterien werden von der Lichtmaschine geladen. Allerdings wird nur eine der beiden für den Bord-Stromverbrauch verwendet – ein Trennrelais macht das möglich! Ein zweiter Stromkreislauf, unterputz verlegt mit separatem Sicherungskasten, versorgt die Verbraucher:

  • 2x LED Beleuchtung für den Außenbereich: sollte mal der Weg aus der Dusche bereits dunkel sein
  • Innenraum- und Küchenbeleuchtung
  • Bike-Garagenbeleuchtung
  • 4x USB Ladegeräte
  • 220V Trafo
  • Wasserpumpe für die Dusche
  • Kühlschrank (sollte mal das Gas leer sein)

Doch woher wissen wir, wo es lang geht? Für den gesamten Trip haben wir ein Roadbook mit allen relevanten Zielen: gedruckt auf DIN A4 Papier. Es basiert auf GoogleEarth Aufnahmen, GoogleMaps Routenberechnungen und OpenTopoMaps Daten. Die Onboard-Navigation erfolgt offline über eines unserer Smartphones, hierzu nutzen wir OSM und MapsMe. Unterwegs haben wir auch Heike und Peter kennengelernt. Zu unserem App-Portfolio hat sich auf ihre Empfehlung iOverlander hinzu gesellt. Ebenfalls eine praktische Anwendung, um zum Beispiel Gas-Auffüllstationen und attraktive Plätze zum Übernachten in der Pampa zu finden.
Und doch: So viel Technik bringt einen nicht immer zuverlässig ans Ziel, wenn überhaupt. Blind den Navigationssystemen vertrauen? Fatal! Unsere Ziele liegen oft kilometerweit abseits der letzten Dirtroads. Augen aufmachen! In Städten und Dörfern hilft nach dem Weg fragen immer mehr, als minutenlang im Navi hin und her zu zoomen – des Öfteren haben wir schon ein „sígame!“ (folge mir) gehört und wurden ans Ziel geführt.

Das Leben im Auto

Was haben wir sonst noch gelernt? Erkenntnisse nach rund 11000 Kilometern

  • Schneeketten funktionieren hervorragend im Sand, wenn man sich festgefahren hat
  • Der Spaten (Truper T-2000) war eine gute Investition
  • Festfahren im Sand ist nervig und zeitintensiv (Zweiradantrieb ist nicht das Nonplusultra)
  • Sonnencreme, Sand und Schweiß ergeben ein natürliches Peeling
  • Es ist sehr beruhigend zu wissen, dass auf dem Dach weitere 40 Liter Sprit sind
  • Pinkeln bei 70 km/h Wind funktioniert am besten im 90°-Winkel zum Wind
  • Bei 70 km/h Seitenwind und losem Untergrund wird das Hinterrad in einen ca. 15°-Winkel gepresst, sofern man sich noch auf dem Bike halten kann
  • Fahrradfahren bei 70 km/h Wind macht nur noch begrenzt Spaß
  • Aufgewirbelter Sand im extrem starken Wind tut richtig weh und kann das Objektivglas der Kamera zerstören, oder den Filter, wenn man einen verwendet
  • Die Argentinier und Chilenen gehen nicht so gerne auf die Berge, sie laufen lieber unten rum und schauen diese an (Diese Aussage eines begeisterten argentinischen Wanderers deckt sich mit unseren Erfahrungen)
  • Wegpflege gibt es nicht, sofern es Wege gibt
  • Auf argentinischen und chilenischen Schnellstraßen gibt es plötzlich Geschwindigkeitsbegrenzungen auf von 110 km/h auf 20 km/h
  • Am San Francisco Pass mit 4726 Metern Höhe stehen für 100 Meter Baustelle auf einer geraden Dirtroad zwei Leute den ganzen Tag da, die jeweils ein Stop & Go Schild umdrehen – für etwa 20 Autos am Tag. Immerhin bekommt man gleich das Go hingedreht
  • Am San Francisco Pass sind die Steine durch Sand im Wind in eine Richtung sandgestrahlt
  • Reiseradler sollten den San Francisco Pass nur von West nach Ost befahren. Sonst heißt das: ca. 400 Kilometer heftigster Gegenwind
  • Die Dirtroads in Argentinien sind größtenteils besser gepflegt, als in Chile
  • Der höchste Punkt für unser Auto ist bis dato 5100 Meter – Ende wegen weggeschwemmter Straße
  • Die meisten deutschen Reisenden, die wir trafen, wirken überausgerüstet
  • Unser üppiger Werkzeugkasten hat den Argentinischen Zoll mitten in der Wüste auf 4800 Metern gerettet
  • Der Argentinische Zoll sollte über die Investition in Bordwerkzeug nachdenken
  • Reiner gemahlener Kaffee ohne Milch- und Zuckerzusatz ist in Argentinien und Chile ein seltenes Gut
  • Elektrische Feuerzeuge zünden auf 4300 Metern nur noch bei etwa jedem zehnten Versuch
  • Man ist nie lange genug an einem Platz, um die Wäsche trocknen zu lassen
  • Der ideale Schmuggelplatz beim Zoll wäre das Dach des Autos
  • Die Prozedur an den Grenzübergängen war noch an keiner Grenze identisch, obwohl wir bereits sieben mal Chile – Argentinien hinter uns haben
  • Steine und Felsen sind wesentlich flexibler als Auffahrkeile
  • Der einzige staubfreie Platz in unserem Auto ist der Kühlschrank
  • Überdruck ist die Lösung für’s Staubproblem. Dachluke vorne auf, Lüftung an und Fenster zu. So muss die Luft durch sämtliche Löcher in der Karosserie entweichen, der Staub findet kaum noch einen Weg hinein
  • Autokarosserien haben gefühlt 10000 Löcher
  • In der Wüste ist es wirklich sehr trocken
  • In Argentinien und Chile ist das Brot genauso trocken, wie die Wüste

Das Leben im Auto
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Ein Tag am Strand

Ein Tag am Strand

Die Küste rauf

Ein tiefblauer Streifen am Horizont – der Pazifik ist in Sicht! Der ein oder andere kennt sicher dieses Gefühl, nach einer langen Fahrt und einer langen Zeit endlich wieder das Meer zu erblicken. Eine tiefe Zufriedenheit und innere Ruhe stellt sich ein, nachdem wir den Stadtstress von Copíapo hinter uns gelassen haben. Da sitzen wir also mit Bier in der Hand am Strand und schauen dem Sonnenuntergang zu.

Der nächste Morgen überrascht mit Wolken. Ja, Wolken – der ganze Himmel ist bedeckt damit. Ein Phänomen, das wir seit gut fünf Wochen nicht mehr gesehen haben. Eine Hochnebelsuppe trübt die Küstenszenerie ein.
Wir fahren am Meer entlang gen Norden. An der dünn besiedelten Küste gibt es nur wenige Ortschaften – wer das Flair von schönen Küstenorten an Mittelmeer, Nord- oder Ostsee gewohnt ist, der wird hier enttäuscht. Die Orte wirken trist – ein definierter Ortskern mit Hafen fehlt meist.
Dafür ist aber die Landschaft an der Küste umso faszinierender: Obwohl direkt an der Küste gelegen, regnet es hier praktisch nie. Wüste, die ins Meer verläuft. Die wenigen Kakteen und Sträucher, die hier gedeihen, leben wohl ausschließlich vom Dunst des Meeres. Abgestorbene Kakteen zeigen, dass das wohl ein hartes Leben ist. Über große Teile besteht die Küste aus Granitgestein, das über halbe Ewigkeiten vom Meer ausgespült wurde. Das Wasser hat äußerst bizarre Formen gezaubert.

Ein Tag am Strand
Ein Tag am Strand
Ein Tag am Strand

Der Panoramatrail überm Meer

Ein Trail über dem Meer – das war einer unserer Wünsche an unseren Roadtrip. So etwas zu finden, ist nicht so einfach. Genau genommen scheint unser Ziel der einzige Trail auf etwa 600 Kilometern Küste zu sein. Wie könnte es aber anders sein: Der Trail liegt in einem Nationalpark in Chile. Aber oh Wunder, biken ist erlaubt! Es gibt sogar eine ausgewiesene Bikerunde. Die führt zwar nicht auf den Berg mit dem Trail, aber sie zweigt davon ab und am Abzweig stehen keine Verbotsschilder.
Der Park ist wie ausgestorben, kein Mensch ist unterwegs. Wir chillen am Meer und hoffen, dass sich gegen Abend die Wolkendecke noch öffnet – für die Abfahrt im Sonnenuntergang überm Meer. Ja, so richtig schön kitschig.
Als wir in den Aufstieg gehen, öffnet sich zumindest ein heller Streifen am Horizont – dabei bleibt es aber auch. Wir gehen in die Abfahrt und cruisen hunderte Meter über dem Meer einen richtig schönen Flowtrail herunter. Hin und wieder garniert mit technischen Sequenzen und Spitzkehren – die größte Herausforderung ist aber, in den Kurven mit viel Schräglage nicht mit dem Innenfuß an einer Kaktee hängen zu bleiben! Ein Bilderbuchtrail, garniert mit dramatischer Stimmung durch die dunklen Wolken und einem Feuerstreifen am Horizont.
Mit fettem Grinsen kommen wir am Auto an, suchen kurz einen schönen Standplatz und kochen lecker Tortelini.

Ein Tag am Strand
Ein Tag am Strand
Ein Tag am Strand
Ein Tag am Strand
Ein Tag am Strand
Ein Tag am Strand

Komplizierte Wissenschaft

Der nächste Morgen erfreut mit strahlendem Sonnenschein. Wir setzen unsere Tour am Meer fort. Kurve um Kurve zeigt sich ein neuer Steilküstenabschnitt, eine schöne Bucht oder ein paar Klippen mit ordentlich Brandung. Hier lässt es sich aushalten. Für uns gibt es noch mal Kaffee am Strand, ehe unsere Route das Meer verlässt.

Ein Tag am Strand
Ein Tag am Strand
Ein Tag am Strand

Auf dem Weg nach Argentinien liegen die ESO Paranal (European South Observatory) Teleskope malerisch auf einem etwa 3000 Meter hohen Berg mitten in der Wüste gelegen. Hier wird Wissenschaft für die Zukunft betrieben. Sicher einen Blick wert, denken wir und machen einen Abstecher dort hin. Der Blick bleibt uns jedoch verwehrt: Bestimmt zwei Kilometer vorm Ziel ist die Straße bereits gesperrt. Besichtigung nur samstags um 14 Uhr möglich. Schwache Sache für die Wissenschaft. Dass nicht jeder überall reinlatschen darf, ist klar. Aber dass alles hermetisch abgeriegelt wird, ist mindestens schade, wenn nicht sogar überflüssig. So bringt man den Leuten die Wissenschaft nicht näher.

Uns bleibt nix, als unsere Fahrt zum wohl entlegensten Grenzübergang zwischen Chile und Argentinien fortzusetzten: Paso Socompa.

Ein Tag am Strand

Ein Tag im Sand

Ein Tag im Sand

Eine 500 Meter hohe Düne

Das Hochgebirge haben wir verlassen und sind den San Francisco Pass komplett abgefahren. Wir machen einen Abstecher nach Copiápo, um unser Proviant aufzustocken und den Bus vollzutanken. Der Plan, in der Stadt zu bleiben, scheitert direkt: Der einzige Campingplatz hat zu. Also raus in die Wüste, zu unserem nächsten Projekt. Die Tanke macht es dem Campingplatz gleich. Ein Zeichen für uns, dass wir hier fertig sind. Wir haben genug Reserven.

Unser endgültiges Ziel, eine etwa 500 Meter hohe Düne, werden wir bei Nacht nicht finden, also suchen wir uns nahe der Koordinaten einen Stellplatz und drücken beide Augen zu. Unsere Düne zeigt sich am nächsten Morgen ein paar Kilometer weiter ins Nichts hinein. Zu weit zum kurbeln. Mit dem Auto durch die Pampa zu riskant: grobes Material, weicher Boden, nicht einsehbare Bachläufe. Wir umfahren das Gelände auf der Suche nach einer geeigneten Autospur. Gute 30 Kilometer später finden wir einen Abzweig, der in die richtige Richtung zu gehen scheint. Die Autospuren teilen sich immer wieder auf und werden immer weniger prägnant und fest. Die Hauptwege scheinen zu Strommasten, Umspannstationen und Solarkraftwerken zu führen – gut, wir sind halt in der Wüste! Anderenfalls wäre diese Gegend wohl kaum erschlossen. Fest steht: Zu unserem Ziel führt kein richtiger Weg. Wir arbeiten uns eine sandige Piste entlang, die wohl hin und wieder von Locals aus Copiápo genutzt wird. Auf den umliegenden Hängen der Hügel sind immer wieder Jeepspuren zu sehen. Wir sind erstaunt, wie gut wir im Sand vorwärtskommen. Sicher ist sicher: Zum Halten suchen wir uns immer wieder Stellen, die härteren Untergrund versprechen. Wir tanken auch nach: Nicht, dass wir in einer kritischen Situation liegen bleiben.

Ein Tag im Sand
Ein Tag im Sand

Um die Mittagszeit kommen wir nah genug an die Ausläufer der Düne, um überhaupt mal zu spüren, wie der Boden ist. Sollte das alles loser, weicher Sand sein, brauchen wir die Bikes gar nicht aufzubauen. Dem ist aber nicht so: Wenn man auf den Rücken der Dünen rumtrampelt, sieht man klare Abdrücke unserer Schuhe und wir brechen nicht ein. Das könnte funktionieren! Also weiter um die Düne herum fahren und eine richtige Ridge suchen. Wir suchen uns zwei Favoriten, von denen wir einen in der Abendsonne angehen möchten. Die komplette Düne abzufahren wird nicht möglich sein, aber an die 300 Höhenmeter sind drin. Jetzt brennt die Sonne noch zu sehr nieder, wir möchten etwas abwarten, bis angenehmere Bedingungen herrschen. Zurück in die Stadt und anstehende Erledigungen abhacken? Vorzelt aufspannen und abhängen? Die Düne weiter umfahren und die Neugierde stillen? Letzteres!

Mit den Schneeketten durch die Wüste

Unsere nahezu abgefahrenen Maxxis Reifen an der Transe arbeiten sich zuverlässig durch den immer weicher werdenden Untergrund und wir sind nun an der östlichen Seite der Düne. Unscheinbar wird der Weg steiler. Das Gelände links und rechts des Weges scheint fester, liegt aber zu hoch. Ohoh! Anhalten keine Alternative, Runterschalten, Vollgas: Wir schaffen noch weitere 200m durch den super weich gewordenen Sand und graben uns vorbildlich mit allen vier Rädern ein. Ganz klar: eine festgefahrene Situation. Wir brauchen garnicht lange zu probieren, uns freizufahren. Wir schnallen die Sandbleche und unsere Truper 2000 Schippe vom Dach. Es werden sehr trockene, harte und müßige vier Stunden in der prallen Wüstensonne werden. Wir arbeiten uns rückwärts immer eine Sandblechlänge aus dem Sand heraus: Hinterräder untergraben, Sandblech drunter, Sand unter das Blech, drüber fahren. Räder untergraben, Sandblech drunter, …Moment! Nach 50 Meter Strecke und einer Stunde „Blechen“: Schneeketten! Die könnten genug Grip in dem losen Sand haben. Wir lassen nichts unversucht und packen die Bleche unter die Vorderräder, während wir die Hinterräder nur noch freischaufeln. Es funktioniert und wir kommen wesentlich schneller vorwärts – genau genommen rückwärts. 200 Meter und zwei Stunden später kommen wir an eine Stelle, an der der Wegrand nur marginal höher liegt, als der Weg. Wenn wir dort rauf kommen, ist es sehr wahrscheinlich, dass wir durch die Pampa besser vorwärts kommen. So können wir zu der nicht-so-weichen-Straße wieder zurück kommen, wo wir wieder vernünftig fahren können. Weiter geht’s! Wir graben uns den Übergang eben und arbeiten uns mit Schneeketten, Sandblechen und zusätzlichen flachen Felsen bei UV9 in den festen Offroad Bereich. Es klappt! Die Transe steht ohne Bleche auf dem Boden und versinkt nicht! Wir schmeißen all unser Gerümpel und Werkzeug lose in den Bus und machen uns vom Acker – wortwörtlich, zurück zu unseren favorisierten Ridges. Was für eine Nachmittagsbeschäftigung! Allrad wäre in der Situation sicherlich von Nutzen gewesen, und hätte diese vielleicht sogar abgewendet, aber naja. Wir sind hier nicht bei der Rally Dakar.

Ein Tag im Sand

Dune-surfing

Der Kaffee und die Brotzeit tun ihr übriges und wir berappeln uns nach der Schaufelaktion. Wir haben überall Sand! Als das Werkzeug und die Bleche sicher verstaut sind, ist es auch an der Zeit, mit den Bikes auf den großen Sandhaufen vor uns zu laufen. Die Schatten werden länger. Unsere Ridge wirft auch einen und wir stiefeln in ihm bis zum Beginn der Ridge. Völlig fehl am Platz erscheinen die vielen kleinen Büsche, die sich aus dem Sand kämpfen. Der Großteil ist ausgetrocknet und es fliegen nur noch die Samen umher, doch hier und da grünt es uns entgegen. Wir schlagen einen Zickzackweg um die Vegetation ein, bis wir die Kante der Ridge erreichen. Der Wind hat die Sandoberfläche verfestigt und zu einem feinen Wellenmuster geformt. Die Sandkante zwischen der Sandzu- und abgewandten Seite der Ridge bricht messerscharf ab. Die Natur stellt ihr künstlerisches Talent hier mal wieder im vollen Maße unter Beweis!

Ein Tag im Sand
Ein Tag im Sand

Die Sonne steht nun genau richtig. Wir besprechen schnell noch die Line, denn wir haben nur einen Versuch und: Abfahrt! Die Strapazen der uns am Nachmittag auferlegten Aufgabe sind vergessen. Auf den steilen Hängen müssen wir gut Obacht geben, uns nicht einzugraben. Die Falllinie wollen wir nicht nehmen und steuern den Kamm an. Kaum sind wir darauf, beschleunigt das Bike, als ob man in die Halfpipe gedropt sei: Der Untergrund ist vom Wind so verfestigt, dass wir darüber hinweg fegen. Wir drosseln das Tempo durch gegenlenken und wirbeln meterlange Staubfahnen auf. Die Abendsonne gibt den kleinen Sandstürmen unter unseren Reifen einen gelbroten Touch und wir kommen unserem Bus leider viel zu schnell entgegen. Wir grinsen.

Beim restlichen Licht spoten wir die zweite Ridge zu Fuß und entscheiden uns für einen zweiten Versuch am nächsten Morgen. Die Line scheint länger zu sein und es hat gerade eben überraschend viel Spaß gemacht! Hundemüde aber beglückt gibt’s Abendbrot. Die Bikes können aufgebaut bleiben.

Ein Tag im Sand
Ein Tag im Sand
Ein Tag im Sand

Sand zum Frühstück

Wir quälen uns im Dunkeln von den Schlafsäcken in die Bike Klamotten. In der Dämmerung arbeiten wir uns wieder durch teils festen, teils losen Sand unserer zweiten Ridge entgegen. Die Luft ist angenehm frisch, das erleichtert den Aufstieg – wir sind schnell Oben. Die Sonne klettert zeitgleich mit unserer Ankunft über den gegenüberliegenden Berg. Fast der Sonne entgegen wiederholen wir das Procedere vom Vorabend: Schwung im Sand holen, oben aufschwimmen und dann das richtige Tempo halten. Unser zweiter Favorit funktioniert sogar noch besser, als die Ridge vom Vortag. Unten wartet der Kaffee und das Frühstück. Wir surfen den Auslauf ab und nehmen alles Tempo mit, was das Ende der Düne hergibt. Es schanzt uns immer wieder auf kleinen Sandhügeln hoch und schon sind wir fertig mit dem morgendlichen Sportprogram. Guten Morgen!

Ein Tag im Sand
Ein Tag im Sand
Ein Tag im Sand
Ein Tag im Sand
Ein Tag im Sand

Bevor wir aber den Weg in Richtung Meer einschlagen, heißt es nochmal kurz: Nervenkitzel. Beim Weg raus aus der Wüste, haben wir uns für einen optisch besseren und offensichtlich mehr befahrenen Weg entschieden. Dieser endet auf jeden Fall an einer der Strommasten-Straßen, die befestigt ist. Unser Weg der Wahl wir aber immer sandiger und die Drehzahl sinkt – kurzes Déjà-vu zu gestern Mittag. Also direkt ab in die Pampa und Vollgas auf den befestigten Weg. Es klappt, der Untergrund ist aber nicht so fest, wie erwartet. Zusätzlich geht’s leicht bergauf. Hoffentlich ist vor dem Weg kein Wassergraben! Die Schneeketten sind noch drauf und machen gute Arbeit. Mit Lenken ist nicht mehr viel. Wir schießen auf die Straße zu. Kein Graben. Yeah! Wir atmen auf, als wir mit ordentlich Schwung aus dem Acker auf die Straße schießen – diesmal haben wir Glück gehabt.

Wir machen noch einen Boxenstopp in Copiápo, ein Ölwechsel für den Bus ist fällig. Das ist schnell erledigt, noch ein Snack auf die Hand und wir sind pünktlich zum Sonnenuntergang am Pazifik: Füße im Sand, Bier in der Hand – salut!

Ein Tag im Sand
Ein Tag im Sand

Powderalarm

Powderalarm

Der Höchste des Roadtrips

Auf zum Endgegner des Roadtrips, obwohl letzterer noch lange nicht zu Ende ist. Aber der Ojos del Salado ist mit 6893 Metern der höchste geplante Gipfel unseres Abenteuers. Unweit der Laguna Verde führt ein Feldweg rund 25 Kilometer bis auf 5200 Meter zum Basecamp des Ojos del Salado. Basecamp bedeutet in diesem Fall ein kleines Blechrefugio und ein paar Zelte, falls noch andere Bergsteiger zugegen sind.
Unser Plan: Mit dem Auto bis zum Basecamp fahren – unser mobiles Basecamp eben. Mit Zelt und Proviant bis auf etwa 5900 Meter aufsteigen, das Material deponieren und anschließend Abfahren. Ein Ruhetag im Basecamp, tags darauf der Aufstieg mit Schlafsäcken, Isomatten und weiterem Proviant. Camp 1 auf 5900 Metern aufbauen, dort nächtigen. Gegen vier Uhr nachts zum Gipfel aufbrechen, hoffentlich bis zum Gipfel aufsteigen. Schließlich abfahren, Camp 1 abbauen und mit sämtlichem Material ins Basecamp abfahren.

Klingt sportlich, ist es auch – der Erfolg hängt von vielen Unsicherheitsfaktoren ab:

  • Der Ojos del Salado ist ein Grenzberg, wir brauchen einen Permit vom DIFROL
  • Wie ist die Schneelage am Berg? Zu viel Schnee bedeutet, dass wir das falsche Sportgerät haben
  • Wie weit werden wir mit dem Auto kommen? Sollte weit vor dem Basecamp Schluss sein, wird alles schwieriger und langweiliger
  • Der Wetterbericht von vor drei Tagen hat für die ganze Woche 50 bis 70km/h Wind für den Gipfel gemeldet

Powderalarm

Den Permit haben wir nicht. Der DIFROL ist einfach zu lahm, um das Ding innert einer Woche zu versenden. Obwohl da nur draufsteht, wer wann auf welchen Berg steigt. Leider haben wir seit drei Tagen nicht mal ein Telefonnetz geschweige denn eine Internetverbindung – vielleicht wäre der Permit inzwischen da. Sollten wir ihn brauchen, könnten wir auch einfach nach Copiápo fahren und dort die Mails abrufen. Das wären nur rund 550 Kilometer und 4000 Höhenmeter hin und zurück – davor ist nix mit Netz.

Die Schneelage verspricht wenig Gutes, denn alle Berge rings herum sind ab etwa 6000 Meter weiß. Aber der Aufstiegshang am Ojos del Salado ist eher steil und es ist ein Nordhang – könnte also von der kräftigen Sonne frei gebrutzelt sein (Südhalbkugel Nordhang = Nordhalbkugel Südhang).

Und die Zufahrt? Die startet gleich positiv: ein Refugio, das als Kontrollstation für den Permit dient, ist wie ausgestorben. Kein Mensch weit und breit – wir sind in der Offseason. Also erteilen wir uns selbst einen Permit und fahren einfach weiter. Der Feldweg schlängelt sich durch ein riesiges Flussbett – sicher 200 Meter breit und komplett ausgetrocknet. Läuft doch ganz gut. Die erste Hürde tut sich nach rund acht Kilometern auf: Der Weg wird so sandig und weich, dass wir um ein Haar stecken bleiben. Glück gehabt!
Aus dem Flussbett geht’s um einen Hügel und zack, vor uns liegt ein bombastisches 6000er Panorama. Der Ojos del Salado wird zum ersten Mal richtig sichtbar und damit auch die Schneelage: fast komplett weiß, bis auf einen Bergrücken. Mist! Wir fahren trotzdem weiter. Aus der Nähe lässt sich sicher der Verlauf des Aufstieges erkennen. Vielleicht haben wir Glück und dieser verläuft über den Rücken. Die Zufahrt über den Feldweg hat ein paar Herausforderungen wie große Felsblöcke sowie tiefe Löcher und Gräben – aber alles lässt sich geschickt umzirkeln oder schräg durchfahren, so dass nur die Glasabdeckung einer Nebelleuchte dran glauben muss. Doch plötzlich, sechs Kilometer vor dem Basecamp tut sich ein gähnender Abgrund auf: Der Weg wurde durch einen Regenfall oder Schmelzwasser vergangener Zeiten weggespült. Eine weiträumige Umfahrung unten rum hat sich gebildet – diese ist allerdings sehr weich und steil. Wir würden zwar rüber kommen, aber zurück – das ist ungewiss. 50/50 schätzen wir die Chance ein. Falls es nicht klappen würde, wären wir davon abhängig, dass ein Geländewagen mit anderen Bergsteigern vorbei kommt und uns raus ziehen könnte. Für die Sandbleche ist das Gelände zu steil.

Auf 5100 Meter rund 140 Kilometer vom nächsten permanenten Menschenaufenthaltsort (die Grenzkontrolle) entfernt darauf zu hoffen, dass uns notfalls jemand raus zieht – kann man machen, ist uns aber zu heiß. Aus der Nähe ist jetzt auch der Trailverlauf ersichtlich. Die Ski wären fast die bessere Wahl. Powderalarm?

Powderalarm
Powderalarm

Im Zwiespalt

Alle Faktoren sprechen gegen das Projekt. Im Schnee lässt es sich zwar oft ganz gut biken – aber nur, wenn eine feste Spur eingelaufen ist und der Schnee nicht durch Wärme und Sonne aufgeweicht und nass ist. Offseason – da ist eine gute Spur unwahrscheinlich. Nordhang – da knallt die Sonne schön rein und weicht den Schnee auf. Wir sind im Zwiespalt: Einerseits wollen wir das Projekt nicht aufgeben, da es einfach eine irrsinnige Herausforderung wäre, es zu schaffen. Andererseits liegt die Chance, dass wir unter diesen Umständen tatsächlich fast alles vom Gipfel abfahren können, bei bestenfalls 10%.
Die Vernunft siegt – wir streichen das Projekt. Unsere Zeit ist leider begrenzt, die investieren wir lieber in Projekte mit höheren Erfolgschancen. Diese Entscheidung haben wir übrigens schon ein paar Tage zuvor getroffen: Alles, was zu viel Schnee hat, zu unsicher ist und eventuell weglose Abschnitte hat, fliegt aus der Liste. Denn eines zeigt unsere Erfahrung in Südamerika bis jetzt: Vorhandene, funktionierende Trails auf hohen Bergen sind Mangelware!
Es hilft nix. Zum Trost und als Erinnerungsfoto shapen wir kurz einen kleinen „Vor-dem-Ojos-Kicker“. Dann cruisen wir den Feldweg wieder raus – einer der vielleicht beeindruckendsten der Welt.

Powderalarm
Powderalarm
Powderalarm
Powderalarm

280 Kilometer durchs Niemandsland

Schweren Herzens verlassen wir die Bilderbuchlandschaft in Richtung Copiápo. Kurioserweise ist die Straße plötzlich wieder geteert. Sie schlängelt sich zwischen den Gipfeln herab einem duzende Kilometer großen Salzsee entgegen. Saftig grüne Täler winden sich dem ausgetrockneten See entgegen – als hätte jemand einen Eimer Farbe runter geschüttet. Das wenige Wasser aus den Bächen reicht nicht, um den See zu füllen.
Mitten im Niemandsland taucht die chilenische Grenzstation auf. Die Dimensionen sind gewaltig. Offensichtlich hat man hier mit mehr als der optimistisch gezählten etwa 20 Autos am Tag gerechnet. Es wird der unfreundlichste Grenzübergang unseres Trips. Reden ist nicht so das Ding bei den Beamten dieser Grenzstation.

Powderalarm
Powderalarm

Möglicherweise war der Teer alle – jedenfalls folgt jetzt eine schmale, relativ miese Dirtroad. Es geht noch einmal steil hinauf auf einen Pass mit über 4500 Metern Höhe. So langsam wird uns klar, warum es über den San Francisco Pass so wenig Verkehr gibt. Abgesehen davon, dass man gute 500 Kilometer durchs Niemandsland fährt, ist die Rückseite des Passes noch radikaler: die Straße schlängelt sich durch einen Canyon, ist teils weggebrochen und immer wieder nur einspurig. Große LKWs haben hier kaum eine Chance. Je näher wir Copiápo kommen, desto breiter wird das Tal; bis es zum mehrere 100 Meter breiten, ausgetrockneten Fluss wird. Die Dirtroad führt schnurstracks gerade hindurch. Kurios, eine Straße in ein scheinbar gelegentlich wasserführendes Flussbett zu bauen. Unsere Vermutung bestätigt sich auch rasch: Immer wieder gibt es Abschnitte, an denen Teile der Böschung einem größeren Regenfall zum Opfer gefallen sind. Baustellen, an denen die Dirtroad komplett neu gemacht wird, häufen sich. Dennoch kommen wir gut vorwärts und nähern uns gegen Abend der Stadt Copiápo. Endlich gibt es Internet und siehe da: unser Permit vom DIFROL ist per Mail angekommen! Allerdings für einen Franzosen und drei US-Amerikaner. Mails sortieren ist wohl nicht so das Ding vom DIFROL.

Powderalarm

A mind-blowing day

A mind-blowing day

Nachts ist’s kälter als draußen

Es ist noch dunkel und unsere dicksten Schlafsäcke hängen an den Autotüren. Wir haben fast unsere wärmste Kleidung an und warten, bis der Kaffee kocht. Es ist kurz vor sechs Uhr morgens. Händewaschen tut weh, das Wasser ist eiskalt.

Heute soll’s auf einen benachbarten Berg vom Ojos del Salado gehen: südlich der Laguna Verde, nördlich vom Ojos, kein Name in keiner Karte, aber gute 5900m hoch. Das Ziel des Tages ist, sich zu akklimatisieren. Wir starten direkt von unserem Basecamp an der Laguna Verde, die auf 4300m liegt. Sollten wir es bis zum Gipfel schaffen, haben wir nicht nur eine gute Aussicht auf den höchsten Vulkan Südamerikas und unser nächstes Projekt, sondern auch noch ordentlich was gerissen.

In der Morgendämmerung laufen wir gemächlich los und merken direkt die Höhe, also erstmal das richtige Tempo suchen. Der Weg ist klar ausgetreten, es lässt sich gut laufen. Die Bikes zu schieben wir schnell ineffizient und wir schultern sie. Gegen neun Uhr ist die Sonne komplett aufgegangen, aber wärmer wird es nicht. Vor uns: ein karger Berg mit wenig grün. Hinter uns: eine Landschaft, nicht von dieser Welt! Die Lagune lässt sich nun komplett überblicken, gesäumt von weißen Berggipfeln in einer Wüstenlandschaft. Es ist schwer, sich daran satt zu sehen und mit jedem zusätzlichen Höhenmeter wird der Blick nach unten beeindruckender.

A mind-blowing day
A mind-blowing day

Wir hatten uns eigentlich gefreut, dass der Wind nicht so Kachelt, wie am Vorabend, doch so langsam wird dieser immer präsenter. Die Sonne scheint das Tal doch aufzuheizen. Unpassender Weise verläuft der Trail entweder seitlich zum oder gegen den Wind. Das Bike wirkt wie ein Segel: Wird es einem nicht von den Schultern geweht, so wird man selbst samt Bike zurückgeweht. Dabei sind wir noch nicht mal auf 5000m angekommen. Mittags kommen noch Böen hinzu – Zeit für die Sturmhauben, die Kapuzen sind nicht genug. Es ist schwer, sich auf den Beinen zu halten. Wir sind zwar auf der windabgewandten Seite unterhalb des Grats, haben aber immer noch zu kämpfen. Wir spüren ihn nicht nur, wir hören ihn, wie er über den Grat bläst und uns immer wieder vom Weg abdrängt. Die Wettervorhersage kündigte etwas zwischen 35 und 40 km/h an. Derzeit wird es eher das Doppelte sein.

Wir erhaschen einen Blick auf unseren Zielgipfel: noch fast 700 Höhenmeter – über den Grat. Wir machen Rast. Auf die Rucksäcke legen wir große Felsbrocken, sonst nimmt sie der Wind. Ich habe keinen Hunger, mir ist kodderig. Flo klagt über einen dicken Schädel. Höhenkrankheit? Nicht unwahrscheinlich auf 5200. Zu schnell aufgestiegen können wir nicht sein, es war jedoch wesentlich anstrengender, als es hätte sein müssen. Wir entscheiden uns in die Abfahrt zu gehen, die wird noch anspruchsvoll genug.

A mind-blowing day

In den Wind lenken, gegen den Wind treten

Es war klar, dass wir nicht einfach runterrollen werden können. Doch in welchem Maß uns der Wind daran hindert, ist „mind-blowing“. Hat man das Gleichgewicht beim Rollen bekommen, ist die nächste Kurve, selbst ohne Spitzkehre oder Stufe, eine Herausforderung. Lässt der Wind kurz nach, kommt man vom Trail ab. Ohne es bewusst zu registrieren, lenkt man gegen den Wind in den Hang. Wahnsinn! Beim Versetzen dasselbe Spiel: Gegen den Wind, braucht es richtig Schwung, mit dem Wind wird das Heck um die Ecke geweht – aber auch nur, wenn der Wind konstant anhält. Weil man permanent gegenlenkt, müssen wir bei flacheren Sequenzen treten.

Wir arbeiten uns bergab in ein Blockfeld. Die Räder präzise auf die Steine zu setzen: unmöglich. Es ist ein Glücksspiel, ob die S2 Passage sitzt, oder nicht. Der Wind wird nicht schwächer. Eigentlich befinden wir uns nun auf einem Flow Trail, der uns an der Lagune ausspucken sollte. Die windzugewandte Seite benennt die letzten Tiefenmeter um: „Blow Trail“. Wir werden seitlich den Hang hinauf geblasen. Gegenlenken genügt nicht mehr. Bis zum letzten Meter ist Konzentration und Reaktion gefragt, um mit dem Wind fahren zu können. Wir sind froh, sobald wir an unserem Bus ankommen: So einen starken, stetigen Wind habe ich noch nicht erlebt.

A mind-blowing day
A mind-blowing day

Vom Winde verweht lassen wir den Abend an der Lagune ausklingen. Der Wind zaubert ihr immer wieder schöne Schaumkronen hinein. Wenn man jetzt einen Windsurfer dabei hätte… und ob es am östlichen Ufer einen Windswell gibt? Soll uns jetzt egal sein. Völlig platt stecken wir unsere Beine in eine der Thermalquellen und lehnen uns an die windschützenden Steinwände. Reicht für heute.

A mind-blowing day
A mind-blowing day

Übrigens: Für unseren Trip haben die überkorrekten Jungs und Mädels von PYUA uns mit ihrer ecorrect outerwear ausgestattet. Wir hatten zwar noch keinen Schnee, aber vor den restlichen Bedingungen haben uns die Klamotten bei 70 km/h Wind und Temperaturen gut unter null sicher verpackt. Ganz schön guter Stoff, muss man sagen: Muchas gracias!

A mind-blowing day
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