Wetterflucht
Wetterfrust bringt Powderlust
Es ist Wochenende, man hat Zeit zum biken, aber es regnet und regnet. Was tun in dieser Notlage? Zuhause bleiben – da bleibt man trocken, aber das Biken fehlt. Biken gehen – da wird man nass, aber man sitzt auf dem Bike. Beides irgendwie uncool. Die Lösung: Dort Biken, wo der Regen in Schnee über geht. Wenn dies bei rund 1400m der Fall ist, man auf einen Berg mit fast 3000m möchte und der Tourstart auf 1500m liegt, dann stehen die Chancen gut, trocken zu bleiben. Also ab zu unserem Hausdreitausender!
Der Wetterdienst hat nicht sonderlich viel Niederschlag gemeldet, allerdings soll er recht konstant kommen. In der Höhe hat es noch keinen Schnee – wenn die Menge also gering bleibt, könnte die Abfahrt tatsächlich funktionieren. Zugegeben – etwas verrückt klingt der Plan schon, aber verrückte Pläne sind oft die besten Pläne!
Skurril wirkt die Szenerie am Trailstart schon. Wo bei gutem Wetter die Wanderhorden regelrecht einfallen, ist heute keine Menschenseele zu sehen – aber zwei Biker, die ihre Räder im Schnee auf den Berg tragen. Still und friedlich liegt die Landschaft vor uns, aber auch kalt und abweisend. Alles ist mit einem Hauch von Powder überzogen; fast wirkt die Bergwelt etwas magisch. Schnellen Schrittes marschieren wir den Trail hinauf. Das Bike liegt gut auf dem Rücken und wir machen schnell Strecke. Das Glück ist auf unserer Seite – für ein paar Minuten öffnet sich sogar die Wolkendecke, ehe der nächste Schneeschauer die Fernsicht wieder im Weiß enden lässt.
Die Gipfelpause fällt kurz aus, denn der Gemütlichkeitsfaktor ist bei diesen Temperaturen und Wetter gering. Zudem verschlechtert sich das Wetter weiter. Wir starten in die Abfahrt. Der wenige Schnee ist trocken und griffig, der Grip erstaunlich gut. Wer hätte das gedacht? Dass unser Plan funktionieren würde, daran gab es kaum Zweifel. Aber dass der Grip so gut ist, dass sich fast alle technischen Stellen fahren lassen – damit haben wir nicht gerechnet. Das Grinsen brennt sich ins Gesicht, während wir die first Line in den Schnee zaubern. Übrigens – Hinterradversetzen sorgt für konfuse Spuren im Schnee!
Meter um Meter arbeiten wir uns durch die weiße Wunderwelt. Wolken, Nebel und Schnee verleihen der Landschaft eine ganz eigenartige, ruhige, aber auch bedrohliche Stimmung. Selten fühlt man sich in unserer gut erschlossenen Bergwelt so fern der Zivilisation. Unterstützt wird dieses Gefühl wohl auch durch das unterbewusste Wissen, dass man hier mit dem Bike nach gängigen Normen fehl am Platz ist. Doch außerhalb der Normen zu biken, das fasziniert uns seit Jahren und aktuell funktioniert es wunderbar. Wir sind keineswegs fehl am Platz.
Das riesige Karstplateau mit seinem rauen, zerklüfteten Untergrund wirkt durch den Schnee noch wilder, die Konturen und Strukturen werden verstärkt. Fast könnte man es für ein Schwarz-Weiß-Bild halten – für mich als Fotograf eine Augenweide. Und ein Anblick, den man nur selten bekommen wird. Lange genießen können wir das Spektakel leider nicht, denn die ohnehin schon stark kältebelasteten Bremsfinger streiken dabei noch mehr.
In aller Seelenruhe und mit deutlich mehr Präzision als sonst arbeiten wir uns die rund 1500 Höhenmeter Abfahrt herunter und genießen jeden einzelnen Meter. Die verrückte Idee war ein voller Erfolg: So intensiv konnten wir unseren „Hausdreitausender“ noch nicht erleben! Ein Abenteuer liegt manchmal näher, als man denken mag.
Falscher Powderalarm
Wenn der Powder zu wenig ist
Wenn Frau Holle die Himmelstore auf macht, der Powder zu wenig ist, dann sieht das zwar toll aus, kann aber nix für’s Skifahren und Snowboarden. Bleibt also als Alternative nur das Powderbiken, das nur mit wenig Schnee auskommt.
Es finden sich auch schnell ein paar Verrückte, die abklemmen und lieber zu hause bleiben und ein paar Normale, die sich mit in den Powder stürzen wollen. Also ab an den Berg!
Der Uphill verläuft größtenteils über eine Forstpiste. Aber mit 20cm Schnee wäre hier nicht an’s Kurbeln zu denken, wenn nicht ein paar Alpler schon mit ihrem Geländewagen hoch gefahren wären. Die Reifenspuren der Autos sind gerade breit genug, um darin zu kurbeln und gerade schmal genug, um die Kurbelei richtig anspruchsvoll zu machen – und dadurch auch interessant. Im Hintergrund immer das frisch eingeschneite Bergpanorama.
Es folgen noch ein paar Höhenmeter Tragerei, ehe wir realisieren müssen, dass der Powder doch langsam zu tief wird. Kurze Probefahrten zeigen, dass man bei ca 35cm Schnee schon ordentlich kurbeln muss, um bergab zu fahren.
Der viele Schnee macht den Trail unberechenbar und rutschig. Doch genau das ist es, was riesigen Spaß bedeutet. Man schlingert durch die Gegend, schwimmt regelrecht mit dem Bike nach unten – und wenn es mal einen Crash gibt, dann hat man schlimmstenfalls ein bissel kalten Schnee im Nacken.
Unsere Crew wurschtelt sich den Berg herab – immer wieder mit kleinen Abgängen oder eleganten und weniger eleganten Tänzelaktionen durch Kurven und über Kuppen. Jedem ist das Lachen ins Gesicht gebrannt; die Abfahrt ist ein mords Gaudi!
Je tiefer wir kommen, desto geringer wird die Schneehöhe. Die Abfahrtsgeschwindigkeit wird langsam schneller und die Stürze werden schnell weniger. Die Sonne schenkt uns noch eine malerische Abendstimmung dazu. Ein bissel platt kommen wir schließlich beim Parkplatz an. Eine geniale Tour mit selten hohem Spaßfaktor! Powderbiken ist schon eine geniale Sache.